Lebensmittelüberwachung im RNK: Ratten, verdorbenes Fleisch und Mäusekot
(rnk – 25.4.25) Veterinäramt und Verbraucherschutz stellt den Jahresbericht 2024 vor:
3.375 Kontrollen in fast 2.400 Betrieben durchgeführt / In 20 Fällen musste eine vorübergehende Schließung angeordnet werden

(Quelle: Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis) Durch Schadnager angefressenes und durch Urin und Kot verunreinigte Gewürzverpackung in einem Restaurant.
Auch wenn beim Öffnen eines Schranks ein Ratten heraushuschen, beim Blick ins Kühlhaus das Fleisch bereits eine grünliche Farbe hat oder in der Backstube Mäusekot nachweisbar ist – Rudi Wolf bleibt ruhig. Dafür hat der Leiter des Referats Verbraucherschutz im Landratsamt in seiner Laufbahn schon zu viele dieser Situationen erlebt. „Das sind in einem lebensmittelverarbeitenden Betrieb natürlich Zustände, die gar nicht gehen und führen zu einer vorübergehenden Schließung“, erklärt der Lebensmittelkontrolleur. 20 Mal war das im vergangenen Jahr im Rhein-Neckar-Kreis der Fall. Diese und weitere Zahlen präsentierte Rudi Wolf gemeinsam mit der Leiterin des Veterinäramts und Verbraucherschutz, Dr. Dominika Hagel, sowie der Dezernentin für Ordnung und Gesundheit, Doreen Kuss, bei der Vorstellung des Jahresberichts 2024 der Lebensmittelüberwachung für den Rhein-Neckar-Kreis.
Die eingangs erwähnten Szenen sind dabei Extrembeispiele, betont Rudi Wolf, der zusammen mit 16 Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleuren sowie Amtstierärztinnen und -ärzten bei der Lebensmittelüberwachung in Gaststätten, Imbissen sowie Klein- und Großbetrieben im Einsatz ist. Gemeinsam sorgen sie dafür, dass die lebensmittelrechtlichen Vorschriften im Rhein-Neckar-Kreis eingehalten werden. „Zu diesem Zweck werden regelmäßige Kontrollen durchgeführt, zu denen auch Probenahmen gehören. Beides, Kontrollen und Probenahmen, werden dabei sowohl regelmäßig nach einem bestimmten Rhythmus als auch außerplanmäßig bei Verdachtsfällen, Verbraucherbeschwerden oder Erkrankungen durchgeführt. Der Großteil der Betriebe hält sich dabei an die Vorgaben“, erklärt Amtsleiterin Dr. Hagel, die auch auf die EU-Gesetzgebung verweist.
„Können nicht permanent und flächendeckend kontrollieren“
Die Eigenverantwortung des Lebensmittelunternehmers steht nämlich an oberster Stelle – kein Hersteller oder Händler kann sich aus seiner Verantwortung stehlen, nur weil schon länger keine Kontrolle mehr stattgefunden hat. „Unser Personal kann nicht permanent und flächendeckend überall kontrollieren“, ergänzt Dezernentin Doreen Kuss. Das sei bei der Lebensmittelüberwachung in Deutschland schon aufgrund der Vielzahl an Unternehmen – alleine im Rhein-Neckar-Kreis gibt es knapp 8000 Lebensmittelbetriebe – überhaupt nicht durchführbar. Arbeit ist für das Veterinäramt und Verbraucherschutz im größten Landkreis Baden-Württembergs auf jeden Fall genug da. So haben die Mitarbeitenden im Jahr 2024 insgesamt 3.375 Kontrollen in 2.389 Betrieben im Landkreis durchgeführt – und liegen damit wieder auf Vor-Corona-Niveau (2019: 3.461). In 435 Fällen (2023: 425) erfolgten Mängelberichte wegen Verstößen gegen das Lebensmittelrecht, zudem gab es 41 (29) Bußgeld- und 14 (18) Strafverfahren.

(Quelle: Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis) Lebensmittelkontrolleur und Referatsleiter Rudi Wolf bei einer Kontrolle.
Rudi Wolf ist einer der erfahrensten Lebensmittelkontrolleure im Landratsamt und hatte vor der Verwaltungsreform 2005 bereits beim Wirtschaftskontrolldienst der Polizei gearbeitet. Durch das zeitgleich verabschiedete Hygienepaket der EU habe sich das Lebensmittelrecht wesentlich verändert, hat er festgestellt. Ein weiterer Trend sei bei klassischen Lebensmittelbetrieben wie Metzgereien, Bäckereien oder Restaurants zu erkennen: „Sie finden immer schlechter einen Nachfolger und alteingesessene Betriebe müssen schließen. Es entstehen große Ketten mit vielen Filialen, die diese Lücken teilweise schließen.“ Gerade im gastronomischen Bereich führe das allerdings vielfach dazu, dass keine gelernten Köchinnen oder Köche beschäftigt seien, sondern nur Hilfskräfte. Und dabei bleibe nicht selten die Hygiene auf der Strecke – weil eben keine Ausbildung und kein Bewusstsein dafür vorhanden sei.
Kommen der Spargel und die Erdbeeren wirklich aus der Region?
Zurück zum Jahresbericht 2024: Die Lebensmittelüberwachung kümmert sich allerdings nicht nur um die Einhaltung der Hygieneregeln, sondern auch um andere Bereiche wie etwa die Kennzeichnungspflicht: Spargel ist zum Beispiel durch den pflege- und arbeitsintensiven Anbau ein hochpreisiges Gemüse. Dennoch sind die meisten Verbraucher bereit, für Spargel aus heimischem Anbau noch etwas mehr auszugeben. Auch bei Erdbeeren steht Ware aus der Region bei Verbrauchern hoch im Kurs. „Doch gerade die Möglichkeit, Produkte mit regionaler Herkunftsangabe besser oder zu höheren Preisen absetzen zu können, führt immer wieder dazu, dass billigere Ware anderer Herkunft durch Etikettenschwindel gewissermaßen regionalisiert wird und so auf unredliche Weise ein höherer Gewinn erzielt werden kann. Dabei werden nicht nur Konsumenten über die Herkunft der Ware getäuscht, sondern auch die heimischen Erzeuger geschädigt“, erklärt Rudi Wolf. Mit der Stabilisotopen-Analyse steht der Lebensmittelüberwachung eine Labormethode zur Verfügung, um die Herkunft von Lebensmitteln zu überprüfen. Das Verfahren beruht auf der Tatsache, dass die leichten Bioelemente wie Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel als Bausteine unserer Lebensmittel immer in Form mehrerer stabiler Isotope vorliegen.
Zur Überprüfung der Herkunft erfolgt der Vergleich der Stabilisotopenwerte der unbekannten Probe mit den Isotopenverhältnissen authentischer Proben. Als authentische Proben werden Spargel- und Erdbeerproben bekannter Herkunft bezeichnet, die durch eine amtliche Probenahme durch die Mitarbeitenden des Landratsamts direkt vom Feld entnommen werden. „Dieses Beispiel zeigt gut, wie vielfältig und Komplex die Lebensmittelüberwachung im Kreis ist“, so das Fazit der Leiterin des Veterinäramts und Verbraucherschutz, Dr. Dominika Hagel.
Hintergrund:
Das Veterinäramt und Verbraucherschutz im Landratsamt kontrolliert im Rhein-Neckar-Kreis alle Lebensmittelunternehmen vom Produzenten über Transporteure und Zwischenhändler bis hin zum Vertreiber. Überprüft werden zum Beispiel Landwirte, Metzgereien, Bäckereien, Getränkehersteller und Brauereien, Einzel- und Großhandel, Speditionen, in Europa und weltweit tätige Lebensmittelkonzerne, Gaststätten, Großküchen (Kantinen, Krankenhäuser) oder andere Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung (Kindergärten, Schulen, Krippen) sowie Anbieter auf Wochenmärkten, Vereins- und Straßenfesten. Auch Betriebe, die kosmetische Mittel, Bedarfsgegenstände (wie Spielzeug, Geschirr) oder Tabak-erzeugnisse in den Verkehr bringen, werden überwacht.
Zahlen aus dem Jahresbericht 2024 (Vorjahreswerte in Klammern)
3.375 (3.124) Kontrollen in 2.389 (2.214) Betrieben
435 (425) Mängelberichte wegen Verstößen gegen das Lebensmittelrecht
98 (175) lebensmittelrechtliche Ordnungsverfügungen
41 (29) Bußgeld- und 14 (18) Strafverfahren
In 20 (24) Fällen musste der Betrieb vorübergehend geschlossen werden
12 (14) Mal wurde die Abgabe der Lebensmittel verboten oder eingeschränkt
10 (12) Mal wurde angeordnet, Lebensmittel unschädlich zu vernichten
14 (11) Veröffentlichungen nach § 40 Absatz 1a Ziffer 3 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs
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