Tierisch gute Landschaftspflege – die Waldweide in Walldorf als Ausflugsziel

Die beiden Esel Bella und Camillo grasen auf dem neueren Teil der Waldweide. Foto: Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis
Serie des Kreisforstamts über Erholungsorte im Wald (Teil 2): Tierisch gute Landschaftspflege – die Waldweide in Walldorf als Ausflugsziel
(mar 07.05.25) In der aktuellen Serie des Kreisforstamts dreht sich alles um den Wald als Naherholungsgebiet. Im zweiten Teil wird nun die Walldorfer Waldweide als Ausflugsziel vorgestellt. Unter den Kiefern der Schwetzinger Hardt bietet sich Besuchenden schließlich ein heutzutage ungewöhnlicher Anblick. Seit nunmehr fast 20 Jahren sind auf der Waldweide am „Reilinger Eck“ zwischen Walldorf und Reilingen Weidetiere bei der „Arbeit“. Und das, obwohl die Haltung von Weidetieren im Wald eigentlich seit über 100 Jahren verboten ist.
„Früher war die Haltung von Weidevieh im Wald gang und gäbe. Der Hauptgrund war die günstige Nutzung der Futtervorkommen, die vom Wald zur Verfügung gestellt wurden. Die krautige Bodenvegetation, Eicheln, Bucheckern und die Knospen junger Bäume boten ein vielfältiges Angebot“, verrät der zuständige Förster Achim Freund. Außerdem wurde die sogenannte „Streu“, die abgeworfenen Blätter und Nadeln der Bäume, aus dem Wald entfernt und als Einstreu in den Ställen genutzt. So entstanden mit der Zeit immer lichtere und offenere Magerstandorte, parkartige Wälder und letztendlich Weiden, auf welchen nur noch einzelne Bäume standen.
Diese sehr besonderen Standorte boten Lebensraum für eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten mit speziellen Anforderungen. Verschiedene Vogelarten wie Heidelerche, Wendehals und Ziegenmelker lieben offene Flächen und nutzen diese zur Brutanlage und zur Jagd. Die intensive und teils rücksichtslose Nutzung als Waldweide hatte jedoch auch sehr negative Auswirkungen auf die Waldentwicklung und wurde deshalb Anfang des 20. Jahrhunderts gesetzlich verboten. Mit dem Verbot und dem Rückgang der Waldweideflächen wurde jedoch auch der besondere Lebensraum und die auf ihn angewiesenen Arten seltener.
Historische Form der Waldnutzung positiv für biologische Vielfalt
Genau an diesem Punkt setzt das Naturschutzprojekt im Wald bei Walldorf an. Seit 2007 wird hier die historische Form der Waldnutzung auf einem eingezäunten Areal fortgeführt. Die vier Hektar große Fläche wurde im Laufe der Zeit durch Ziegen, Schafe und Esel beweidet. Im Vordergrund stand die Entwicklung einer sehr lichten Waldgesellschaft mit viel Licht und Wärme auf dem Boden. Aus naturschutzfachlicher Sicht war es bislang ein voller Erfolg: Das Kurzhalten der Vegetation durch die Tiere und das Schaffen von Mikrohabitaten auf dem Boden durch das Treten und Wälzen haben eine große Auswirkung auf die biologische Vielfalt vor Ort. Mittlerweile konnten 21 bedrohte Pflanzenarten auf der Fläche nachgewiesen werden. Auch die Anzahl der Vogelarten hat sich laut den regelmäßig angefertigten Monitoringberichten verdreifacht.
1.000 neue Kiefernwildlinge
Im letzten Jahr wurde die Weidefläche um weitere vier Hektar ausgeweitet. Für den Sommer ist auf der alten Fläche eine Weideruhe geplant. Da die Kiefern durch die Folgen des Klimawandels immer mehr zu kämpfen haben und die vorhandenen Bäume nicht genug Naturverjüngung bringen, hat sich Revierförster Achim Freund dazu entschieden, 1.000 Kiefernwildlinge aus Walldorfer Wäldern auszugraben und auf die Fläche zu pflanzen sowie Eichen auszusäen. „Es soll ja weiterhin Wald bleiben. Außerdem kommt die Weideruhe der Fläche zugute“, erklärt Freund. „Bodenbrütende Vogelarten können jetzt ungestört ihre Nester anlegen.“ Im Gegensatz dazu sind auf dem neueren Teil der Weide seit Kurzem die neuen Bewohner zu sehen. Es handelt sich um die beiden Esel „Bella“ und „Camillo“, welche von April bis Oktober auf der Fläche für Ordnung sorgen werden. Im Winter werden dann voraussichtlich robustere Weidetiere wie Rinder und Ziegen für die natürliche Flächenpflege sorgen. „Ein weiterer Vorteil der Beweidung ist der Ersatz von Motorsäge und Freischneider durch die Weidetiere“, merkt Freund an. Er weist darauf hin, dass das Füttern der Weidetiere streng verboten ist.
Interessanter Lehrpfad
Die Waldweide befindet sich in unmittelbarer Nähe des Naturlehrpfads am „Reilinger Eck“. Hier erläutern Tafeln die Kultur- und Naturgeschichte des Ortes. An sieben Stationen können Besuchende Relikte der früheren Bewirtschaftung kennenlernen. Es gibt zum Beispiel einen traditionellen Ziehbrunnen, wie er früher zur Tränkung von Kühen verwendet wurde, Stationen zur Streu- und Harznutzung und Informationen zu den verschiedenen Waldgesellschaften. Die Waldweide und der angrenzende Lehrpfad passen thematisch sehr schön zusammen und bieten ein tolles Tagesprogramm für einen Ausflug in den Walldorfer Wald.
So findet man die Walldorfer Waldweide
Interessierte können zum Beispiel mit dem Auto beim Parkplatz der Bürgerbegegnungsstätte Reilingen parken und von dort zu Fuß zur ersten Station des Naturlehrpfads oder direkt zur Waldweide laufen. Die genauen Koordinaten des Waldstücks lauten: 49°18’23.6″N 8°36’22.3″E
Text und Foto: Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis
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