Gesundheitsamt bittet: Polio Schutz prüfen
(rnk – 4.12.24) In Abwasserproben aus vier Städten in Deutschland wurden Polioviren nachgewiesen, hat das Robert Koch-Institut (RKI) in der vergangenen Woche mitgeteilt. Es handelt sich dabei um Viren, die sich von abgeschwächten Erregern ableiten, welche bei der Schluckimpfung gegen Poliomyelitis verwendet werden. Die abgeschwächten Viren der Schluckimpfung, welche in etlichen Ländern weltweit heute noch genutzt wird, können lange Zeit unentdeckt unter Menschen und in der Umwelt zirkulieren. Dabei können sie sich genetisch verändern und schließlich wieder akute Erkrankungen auslösen, etwa Lähmungen oder Hirnhautentzündungen (sogenannte cVDPV2-Erkrankungen).
In Spanien und Polen wurden kürzlich solche Viren nachgewiesen, in Israel und Großbritannien hatte es in den letzten Jahren Nachweise gegeben. In den USA sorgten im Jahr 2022 und 2023 die wiederholten Nachweise von Polioviren im Abwasser in dem Bundesstaat und in der Stadt New York für Aufsehen, da es in diesem Zusammenhang auch zu einem Krankheitsfall gekommen war. Der Nachweis an verschiedenen Orten und die genetischen Merkmale der untersuchten Proben weisen darauf hin, dass die Impfviren innerhalb Deutschlands bereits seit längerer Zeit zirkulieren und dass der Eintrag über verschiedene Quellen erfolgte. In Europa ist die als Injektion verabreichte Impfung mit dem inaktivierten Polio-Impfstoff (IPV) inzwischen Standard. Sie schützt die Geimpften zuverlässig vor einer Erkrankung. Mit IPV geimpfte Personen können sich dennoch mit Polioviren infizieren, diese unbemerkt ausscheiden und dadurch weiterverbreiten.
Für den Rhein-Neckar-Kreis und den Stadtkreis Heidelberg zeigen die Daten der Einschulungsuntersuchung 2023 eine Impfquote von 92 Prozent. Auch in den vorangegangenen Jahren hatte ein großer Anteil der untersuchten Kinder vor Schuleintritt die empfohlene Grundimmunisierung erhalten. Die Impfquote schwankt dabei für die Jahre 2011 bis 2022 zwischen 90 und 95 Prozent. Erhebungen für Baden-Württemberg zeigen jedoch für Kinder im Alter von zwei Jahren eine deutlich geringere Impfquote von lediglich 70 bis 80 Prozent. Daten zur von der STIKO-empfohlenen Auffrischungsimpfung im Alter zwischen 9 und 16 Jahren sowie Daten zum Impfstatus Erwachsener sind für den Land- und Stadtkreis nicht einzeln nicht verfügbar.
Aufgrund der allgemein hohen Impfquoten und guten Hygienebedingungen in Deutschland besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von cVDPV2-Erkrankungen. Unter anderem durch den internationalen Reiseverkehr kann es allerdings zu weiteren Einträgen und zu anhaltender Zirkulation der Viren innerhalb Deutschlands kommen. Daher ist es möglich, dass vereinzelt cVDPV2-Fälle bei nicht ausreichend geimpften Menschen auftreten. Die Impfung gegen Polio ist demnach nach wie vor wichtig.
Impflücken sollten daher identifiziert und wenn nötig geschlossen werden. „Impfungen gehören zu den wirksamsten und wichtigsten Vorsorgemaßnahmen der Medizin. Bitte schauen Sie deshalb in Ihrem Impfpass und dem Ihrer Kinder nach, ob ein ausreichender Impfschutz gegen Polio besteht“, appelliert Dr. Andreas Welker, Leiter des Gesundheitsamtes des Rhein-Neckar-Kreises, welches zugleich für die Stadt Heidelberg zuständig ist. „Auch Ihre Hausarzt- oder Kinderarztpraxis kann Sie dazu informieren und beraten.“ Die Impfung gegen Poliomyelitis schützt zuverlässig und ist gut verträglich. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen.
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