Ordnungsliebe vs. Naturschutz – Wann aufräumen?

(ndb 10.4.25) Ordnungsliebe im Garten: Immer wieder entbrennt die Diskussion, wann man anfangen kann das abgestorbene Kraut zu entfernen.

Dazu einige Gedanken.

Vor allem anderen steht die Frage, warum wir überhaupt abgestorbene Pflanzenteile über Winter stehen lassen. Die Antwort ist ganz klar. Das ist Unterschlupf und Überwinterungsplatz für Imagines, Larven, Puppen und Eier unserer Insekten. Dabei werden alle Pflanzenteile genutzt, vom Samenstand bis zum am Boden liegenden Blattwerk. Manche Raupen verkriechen sich darunter, halten aber keine Winterruhe. Sie sind auch an milden Wintertagen unterwegs um an frischen Trieben zu fressen. Die bekanntesten dürften die Raupen der Achateule und der Hausmutter sein. Aber es gibt noch viele andere. Auch nutzen viele Arten abgestorbene Stängel als Ort für die Verpuppung, wie etwa der Aurorafalter. Wieder andere nutzen das am Boden liegende Blattwerk um sich direkt darunter, oder in der darunterliegenden obersten Bodenschicht zu verpuppen. Dabei dient das Blattwerk sowohl als Wetterschutz, als auch als Schutz gegen Austrocknung. Last but not least finden sich an den abgestorbenen Pflanzenteilen auch Eier, aus denen im Frühjahr die Räupchen schlüpfen. Und es sind nicht nur Schmetterlinge die dort überwintern. Im Prinzip dienen diese Pflanzenteile Insekten aus allen Ordnungen und auch Spinnen, Asseln und anderen.

In dem wir sie stehen lassen, bieten wir ihnen Schutz und Überlebensraum.

Nun juckt es im Frühjahr vielen in den Fingern um endlich im Garten aktiv zu werden und aufzuräumen. Schließlich sieht das abgestorbene Kraut auch nicht besonders schön aus und ein Rest von Scham über einen „unordentlichen” oder „verwahrlosten” Garten steckt in vielen von uns.

Kehren wir zurück zum Grund für das stehenlassen über Winter. Wir erinnern uns, um den überwinternden Insekten aller Arten und Stadien bis zum Frühjahr Schutz und überleben zu sichern.

Man kann sich nun an den Fingern einer Hand abzählen dass, wenn wir zu früh aufräumen, wir genau diesen Schutz entfernen und somit diese Individuen quasi zu Tode verurteilen. Wir führen also unsere eigene Absicht ad absurdum, weil wir töten was wir über Wochen und Monate geschützt haben.

Manchmal liest man auch, mal solle die abgeschnittenen Pflanzenstängel aufrecht irgendwo in einer Ecke lagern und erst später entsorgen. Das ist reines Gewissensplacebo. Insekten suchen sich ihre Plätze nicht willkürlich aus. Da spielt das Mikroklima eine Rolle und das ist bei einer Verlagerung nicht mehr das gleiche. Zudem bilden sich in so einem Bündel Bakterien und Schimmelpilze die den darin befindlichen Insekten ebenfalls den Garaus machen.

Eier werden z.B. meist an der Futterpflanze abgelegt. So ist gewährleistet dass die schlüpfenden Raupen und Larven sofort an der richtigen Futterpflanze sind. Ein wenige Millimeter kleines Räupchen schafft es sicher nicht, mehrere Meter zurück zur Futterpflanze zu kriechen. Es wird verhungern. Vielleicht schaffen es ein paar wenige zu überleben, aber den Schaden insgesamt kann man so nicht verhindern.

Einige treibt die Sorge an, dass Jungtriebe und Keimlinge der Pflanzen es nicht schaffen sich gegen das verbliebene Kraut durchzusetzen. Die Sorge ist unbegründet, die schaffen das. Müssen sie auch, denn in der Natur räumt auch niemand das abgestorbene Kraut weg. Selbst wenn einzelne Pflanzen dadurch etwas ausgebremst werden, so holen sie das später sehr schnell wieder auf.

Manche glauben auch, dass durch das verbleibende Kraut der Nährstoffeintrag erhöht wird, was ja diversen abmagerungsvorhaben entgegen spräche. Das ist aber nicht der Fall. Da wir nicht düngen oder auf andere Weise zusätzliche Nährstoffe eintragen, werden durch den Rotteprozess nur diejenigen frei, die zuvor dem Boden entzogen wurden. Und wir lassen das alte Kraut ja auch nicht bis zur vollständigen Zersetzung liegen, so dass die Rotte in zusätzlichen drei oder vier Wochen nicht signifikant größer wird.

Bleibt die Frage, ab wann man denn nun mit dem Aufräumen beginnen kann.

Dazu gibt es keine allgemein richtige kalendarische Antwort. Es ist abhängig von der jeweiligen Wetterlage und geografischen Gegebenheiten. Als Faustregel kann man annehmen, dass beständige Tagestemperaturen über 15 Grad dafür sorgen, dass die meisten Insekten das abgestorbene Kraut verlassen haben. Sicher nicht alle, aber irgendwann muss man ja anfangen. Eingriffe in den Garten sind immer mit Verlusten einhergehend, gleich wann man es macht. Das ist aber nicht schlimm, denn die Populationen gleichen das wieder aus, wenn man nicht zu früh agiert.

Unterm Strich kann man festhalten, dass zu frühes agieren in erster Linie dem Schönheitsempfinden und der Ordnungsliebe dienen, nicht aber den Insekten oder Pflanzen.

Eine Ausnahme muss man aber machen.

Gewerbebetreibende wie Naturgartenplaner oder Gärtner müssen aus ökonomischen Gründen früher anfangen. Es bringt ihnen und denjenigen von uns die ihre Arbeit benötigen nichts, wenn sie durch Umsatzverluste und spätere Terminschwierigkeiten Pleite gehen. Deren Focus liegt dabei nicht auf den Insekten, sondern auf der Vegetation. Das ist weder verwerflich noch zu kritisieren. Auf der anderen Seite müssen sich Gewerbebetreibende aber auch nicht damit rechtfertigen, dass es absolut notwendig für die Vegetation ist, früher anzufangen. Denn damit verunsichern sie all die Privatleute, die diesen Zwängen nicht unterliegen und problemlos ein paar Wochen warten können.

Mein Appell an euch ist daher, bitte nicht aus Ungeduld oder Ordnungsliebe zu früh zu beginnen und damit die gute Absicht, den Insekten Überwinterungsschutz zu bieten, selbst weitgehend wirkungslos zu machen.

Und wer das partout nicht abwarten kann oder will, dem sei geraten bereits im Jahresverlauf einen Teil des abgestorbenen Pflanzenmaterial zu entfernen und einen Teil dann länger stehen zu lassen. Dann finden Insekten immer noch Schutz und der Garten sieht im Frühjahr etwas weniger „unordentlich” aus.

– Ralf Dahlhäuser



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